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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Sportunfälle

Autor
Autor:
Anneliese Widmann-Kramer

gesellschaftspolitisches Reizthema, das Schlagworte, wie “ Sport ist Mord” oder “Treibe Sport oder bleibe gesund” provoziert. Sportunfälle widersprechen der gesellschaftlichen Erwartung, daß Sport “per se” gesund ist. Zahlreiche Versuche, z.B. im Gesundheitswesen, Nutzen und Schaden einander aufzurechnen, scheiterten an der Vielgestaltigkeit des Sports, den vielfältigen Ausübungsmöglichkeiten der Sportarten und der unzähligen Wirkfaktoren, die es einander aufzurechnen gilt. So zählen in Italien Motorradunfälle aus versicherungsrechtlichen Gründen zu den Sportunfällen, Schwimmunfälle werden dem Sport nur im Rahmen des Wettkampfschwimmens zugerechnet. In den meisten anderen europäischen Ländern werden hingegen Motorradunfälle als Verkehrsunfälle und Badeunfälle als Sportunfälle registriert.

Der Sportunfall wird häufig gleichgestellt mit dem Folgeresultat des Unfalls, nämlich der Sportverletzung. Dies ist nicht korrekt. Der Sportunfall ist zunächst nur ein unvorhergesehener, plötzlich eintretender Störfall, bei der die Akteure die Kontrolle über das Geschehen verloren haben und es dabei zu einer Kollision kommt. Im Medienzeitalter, in dem der Sport zunehmend Showcharakter gewinnt, scheint dies manchmal durchaus auch erwünscht zu sein (Formel 1 Rennen, Skiabfahrten etc.). In der Regel kommt es bei Sportunfällen aber auch zur körperlichen und/oder seelischen Schädigung. Beim Boxen ist dies sogar intendiert. Daraus folgt, daß jeder Sportunfall auf die jeweilige Sportart und Ausübungsintention hin reflektiert werden muß.

Dies führte zu zahlreichen Studien über die Gefahrenexposition, die allerdings vorwiegend quantitativ aufgearbeitet wurden. Die Statistik weist den Fußball als die Mannschaftssportart mit den häufigsten Unfällen aus. Der Einfluß des Mitakteurs oder Gegners ist dabei maßgebend. Die hohe Medienpräsenz dieser Sportart führt dazu, daß nachahmende Freizeitsportler ihre Einsatzhärte nicht ihren geringeren koordinativen und konditionellen Fähigkeiten unterordnen. Der alpine Skisport steht hingegen an der Spitze der Unfälle bei den Individualsportarten. Die Unfallursachen liegen in über 80 % der Fälle im Selbstverschulden. Ungenügende Eingewöhnung bei zu häufigen Abfahrten, Ungeschicklichkeiten durch Koordinationsmangel und eingeschränktem Bewegungsgefühl, mangelnde Erholung und Geschwindigkeitsrausch, aber auch Alkohol sind Unfallursachen. Schwerste Verletzungen werden beim Reiten registriert. Während in anderen gefährlichen Sportarten wie Tauchen, Bergsteigen und sogenannten Abenteuersportarten die technische Ausrüstung mit dem Gefährdungsgrad mitwächst, ist dies beim Reiten zumindest bezogen auf das Pferd nicht möglich.

Der Sportunfall ist als Teil des Sports akzeptiert. Dabei scheint das Risikomarginal konstant zu bleiben. Je mehr die Grenzen durch höhere Dynamik und größere Komplexität hinausgeschoben werden, um so ausgereifter werden die Sicherheits- und Sicherungssysteme.


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