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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Arzt-Patient-Beziehung

Autor
Autor:
Irene Roubicek-Solms

Arzt-Patient-Beziehung, die kleinste Interaktionsform innerhalb des Gesundheitswesens. Die sozialen Rollen "Arzt" und "Patient" sind komplementär aufeinander bezogen, ein Kranker wird per Definition erst durch die Inanspruchnahme eines Arztes zum Patienten. Jede dieser beiden Rollen hat eigene Bezugsrahmen durch Sozialisation und Referenzgruppen (Vertrauen). Gemeinsame Rahmenbedingungen bieten die medizinischen Institutionen, in der sie interagieren, und allgemeine soziokulturelle, wissenschaftliche, technische und ökonomische Verhältnisse. Patienten und Ärzte haben jeweils eigene Wahrnehmungsmuster, Erwartungen und Bedürfnisse, die aber nicht ubiquitär und invariant sind, wie historische und regionale Vergleiche zeigen. Es entstehen höchst unterschiedliche Interaktionsformen zwischen Arzt und Patient. Der Zeitpunkt im Kontinuum des Krankheitsverlaufs - Vorsorgeuntersuchung, Frühsymptome, Höhepunkt der Krankheit, Heilungsstadium bzw. chronischer Verlauf - ist eine wesentliche Determinante in der Arzt-Patient-Interaktion. Aus der Akutmedizin stammt die Betonung der Asymmetrie: Der fachkompetente Experte wendet sich dem "Objekt" seiner Tätigkeit, dem "Laien" zu. Bei chronischen Erkrankungen muß das Autoritätsgefälle korrigiert werden, der Patient wird in gewissem Sinn selbst der eigentliche Experte seiner Krankheit (Empowerment, Selbsthilfegruppen). Facharztpraxen und Überweisungen, Polikliniken und Kliniken mit Schichtbetrieb und Konsiliardiensten, ärztliche Gutachterdienste und betriebsärztliche Aufgaben ergeben z.B. andere Kontaktformen zwischen Arzt und Patient als langjährige ärztliche Begleitung von Familien und Wohnvierteln durch Hausärzte. Aber auch in der Allgemeinpraxis prägen zunehmend Zeitdruck und abrechnungsrechtliche Fragen das Arzt-Patient-Verhältnis. Aus psychotherapeutischem Blickwinkel werden die persönlichen Anteile im Gegenüber von Arzt (bzw. Psychologischen Psychotherapeuten) und Patient betont (Reaktionen der Übertragung und Gegenübertragung). Die Zielsetzung strukturiert die Arzt-Patient-Beziehung. Der Patient erwartet, und der Arzt bzw. der Psychologische Psychotherapeut bietet fachliche Benennung der Krankheit (Diagnostik) und vielfältige Hilfen zur Genesung bzw. palliative medizinische und psychologische Betreuung bei infausten Verläufen.

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