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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Selbsthilfegruppen

Autor
Autor:
Manuela Bartheim-Rixen

Kleingruppen von Personen mit ähnlichen (Krankheits-) Problemen mit dem Ziel individueller und problemangepaßter Bewältigung durch Informations- und Erfahrungsaustausch sowie wechselseitiger Unterstützung. Modell für viele spezialisierte Gruppen sind die Anonymen Alkoholiker. Unter Gleichbetroffenen lassen sich wichtige Alltagsfragen und adaptive Probleme im Umgang mit krankheitsbedingten (neuen) Lebenslagen oft effektiver und detaillierter lösen als in der klassischen Patient-Arzt-Konstellation. Zwischen institutionalisiertem Expertensystem der gesundheitlichen Versorgung und Laiensystem hat sich seit etwa 1975 die Selbsthilfe als ein dritter Sektor herausgebildet. Viele Selbsthilfegruppen haben Interesse an der Zusammenarbeit mit Fachkräften und den Institutionen der Gesundheitsversorgung (Information, Unterstützung) sowie den Wunsch nach Anerkennung. Die Kooperation zwischen Expertensystem und Laienhilfe-Initiativen enthält allerdings oft Konfliktstoffe aufgrund ungenügender Interaktion sowie fehlender Kenntnis von Kompetenz und Selbstverständnis der jeweiligen Gegenseite.

In größeren Städten und bundesweit zentral (in Berlin) gibt es Selbsthilfekontaktstellen (NAKOS), die durch Anregungen bei Aufbau und Vernetzung von Selbsthilfegruppen helfen und auf Anfrage Adressen an Interessierte vermitteln. Fast zu jedem Krankheitsbild und Lebensproblem gibt es Selbsthilfegruppen. Die lokalen Selbsthilfegruppen, die persönliche Treffen organisieren, haben in letzter Zeit globale Ergänzung erhalten durch Mailinggruppen im Internet, die überregional Erfahrungen bündeln und so effektive Hilfen geben können.

Bei chronischen Erkrankungen muß ein verändertes Gleichgewicht zwischen Arzt und Patient entwickelt werden. Der Arzt wird nicht vor allem eine Befolgung seiner Anweisungen erwarten (Compliance in einfacher Form), sondern den Patienten soweit als möglich befähigen, selbstwirksam und situationsangemessen zu handeln (Empowerment). Der Patient wird in gewissem Sinn selbst der eigentliche Experte seiner Krankheit. Dieses Handeln in eigener Sache gelingt in vielen Fällen besser durch Gruppenzusammenschlüsse unter vergleichbar Betroffenen (social support, Modell-Lernen). Spezielle Selbsthilfegruppen gibt es auch für Angehörige von Patienten (z.B. von Alkoholikern oder von krebskranken Kindern).


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