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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Temperament

Autor
Autor:
Irene Roubicek-Solms

die Grundstimmung eines Menschen, sozusagen seine Temperatur und sein Tempo. Nach der Lehre des Hippokrates kannte die Antike vier Temperamente, die sie mit vier Körpersäften in Verbindung brachte: den Sanguiniker, der leicht ansprechbar, wechselhaft und ohne große Tiefe sei, mit dem Blut; den heftigen, leidenschaftlichen und unzufriedenen Choleriker mit der Galle; den schwerblütigen und grüblerischen Melancholiker mit der »schwarzen Galle«; den schwer ansprechbaren, langsamen Phlegmatiker mit dem Schleim. In der modernen Psychologie hat man diese Einteilung von ihren Voraussetzungen gelöst und zugleich differenziert. Kretschmer hat die Charaktertypen bestimmten Formen des Körperbaus zugeordnet. Daneben gibt es viele andere Typologien mit ganz unterschiedlichen Einteilungsprinzipien. Für die Harmonie unter Menschen ist die Verträglichkeit der Temperamente umso wichtiger, je enger die Beziehungen sind, am wichtigsten in der langfristigen Partnerschaft eines Paares (wie in der Ehe). Zwar mag ein lebhafter Charakter von einem stilleren heilsam gebremst und ein schwerfälliger Mensch von einem munteren angeregt werden, aber ein krasser Optimist und ein tiefer Pessimist werden einander auf die Dauer kaum ertragen können. In der Liebe wird es schwerlich zur Harmonie kommen, wenn einer der Partner beinahe sofort reagiert, während der andere lange braucht, ehe er sein Gefühl ausdrücken und ihm freien Lauf lassen kann. In größeren Gerneinschaften bemüht man sich oft, die Gefühlstemperatur aller Teilnehmer übereinzustimmen, indem man Zögernden anheizt und die Übereifrigen dämpft.Gefühlsansprechbar-keit; einer der ältesten Ausdrücke der Persönlichkeitsforschung; besonders bekannt sind die Temperamentscharakteristiken der Antike - hier aufgezeigt an ihrer Reaktion auf den Stein, der im Weg liegt: Der Sanguiniker (von sanguis = Blut) hüpft darüber, der Choleriker (von cholos = gelbe Galle) räumt ihn ärgerlich aus dem Weg, der Melancholiker (von me-las cholos = schwarze Galle) beklagt sich bitter über das Hindernis, der Phlegmatiker (von phlegma = Schleim) setzt sich auf den Stein, um sich auszuruhen. Diese Temperamentslehre ist von der medizinischen «Säftelehre» abgeleitet. Die von ihr gezeichneten Temperamentstypen beruhen aber auf Beobachtungen, deren Wert von den inzwischen widerlegten medizinischen Vorstellungen der Antike unabhängig ist; dennoch gehören sie in ein vorwissenschaftliches Arbeiten. Heute weiß man: Je nach dem augenblicklichen Zustand und nach der Lerngeschichte des einzelnen können seine ursprünglichen, in der Konstitution verankerten Temperamentsanlagen umgestaltet werden.

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