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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Zeitgebung motorische

Autor
Autor:
Katharina Weinberger

motor timing, zeitlicher Verlauf einer Bewegung. Er ist zum Teil willkürlich beeinflußbar, zum Teil hängt er von Merkmalen der Bewegung ab, z.B. von der geforderten Genauigkeit einer Zielbewegung oder von der Krümmung einer Linie beim Zeichnen. Bei manchen Bewegungen sind die zeitlichen Aspekte von zentraler Bedeutung, beispielsweise beim Musizieren, aber auch beim Fangen. Der Zeitpunkt des Beginns einer Bewegung (oder eines anderen Bewegungsmerkmals) ist dann vorgegeben; die Bewegung muß mit einem wahrnehmbaren Ereignis in der Außenwelt oder mit einem "inneren Takt" synchronisiert werden.

Bei der Synchronisation von Bewegungen mit einem regelmäßigen Taktsignal findet sich ein charakteristischer "negativer Synchronisationsfehler": Soll beispielsweise mit dem Finger synchron mit einem akustischen Taktsignal geklopft werden, so liegt das Klopfen in der Größenordnung von 20 bis 50 ms vor dem Ton. Das gilt für relativ kurze Taktintervalle (z.B. unter einer Sekunde), während bei langen Taktintervallen der antizipatorische Modus der Bewegungen in einen reaktiven Modus übergeht, so daß das Klopfen des Fingers nach dem Taktsignal erfolgt.

Eine ganz andere Form der motorischen Zeitgebung findet sich bei Aufgaben wie dem Fangen eines Balls. Die Bewegung von Hand und Fingern wird dabei mehr oder weniger kontinuierlich an die gesehene Annäherung des Balls angepaßt. Aus dem Verhältnis der Größe des Bildes des Balls auf der Netzhaut und ihrer ersten Ableitung nach der Zeit ergibt sich die Zeit, die bis zur Ankunft des Balls verbleibt, und diese Information wird (neben anderen) für die Anpassung der für das Fangen notwendigen Bewegung erfaßt (Psychomotorik).

Wenn Menschen ohne vorgegebenes Taktsignal einen regelmäßigen Takt schlagen sollen, finden sich charakteristische Muster. Die Streuung der Zeitintervalle nimmt etwa linear mit der mittleren Dauer der Zeitintervalle zu. Aufeinanderfolgende Zeitintervalle weisen typischerweise negative Korrelationen auf, d.h., auf ein kürzeres Zeitintervall folgt eher ein längeres und auf ein längeres eher ein kürzeres. Diese Beobachtungen gaben Anlaß zu Zwei-Ebenen-Modellen der motorischen Zeitgebung, bei denen die Variabilität in einen zentralen und einen peripheren Anteil zerlegt wird: die Variabilität eines zentralen Taktgebers und die Variabilität der Verzögerungen, mit denen die zentralen Kommandos ihre Wirkungen in der Körperperipherie entfalten.

H.He.



Literatur

Vorberg, D. & Wing, A.M. (1996). Modeling variability and dependence in timing. In H. Heuer & S.W. Keele (Hrsg.), Handbook of Perception and Action. Vol. 2: Motor Skills. London: Academic Press.


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