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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Online-Forschung

Autor
Autor:
Julia Schneider-Ermer

Online-Research, Bezeichnung für den Einsatz von Online-Medien zur Datenerhebung, unabhängig von der jeweiligen inhaltlichen Forschungsfrage. Das Internet ist hierbei als Erhebungsumgebung führend, allerdings kann Online-Forschung beispielsweise auch in einem firmeninternen Intranet oder in einem kommerziellen Online-Dienst stattfinden. Unabhängig vom konkreten Computernetzwerk lassen sich Interviews, Umfragen oder Experimente online abwickeln. Neben diesen reaktiven Untersuchungsmethoden bieten sich die im jeweiligen Netzwerk zur Verfügung stehenden digitalen Dokumente (z.B. WWW-Seiten, Mailinglisten-Beiträge) sowie die bei der Netznutzung anfallenden bzw. erzeugbaren Protokolldateien (z.B. Webserver-Statistik, Suchmaschinen-Statistik) nonreaktiv für Inhaltsanalysen an. Online-Forschung hat sich nicht nur in der Psychologie, sondern auch in anderen Sozial- und Gesellschaftswissenschaften und speziell in der Marktforschung etabliert. Der entscheidende Vorzug der Online-Datenerhebung gegenüber der Offline-Datenerhebung ist die Ökonomie des Vorgehens: Binnen kurzer Zeit und mit vergleichsweise geringem Aufwand können sehr große, sehr heterogene oder auch sehr spezifische Probandengruppen erreicht werden. Ebenso selektiv kann die große Fülle an frei zur Verfügung stehenden Online-Dokumenten und Protokolldateien (Logfiles) ausgeschöpft werden. Online-Forschung hat freilich dort ihre Grenzen, wo wir Erlebens-, Verhaltens- oder Strukturdaten von Personen, Gruppen oder Organisationen benötigen, die nicht im Netz aktiv sind.

Eine adäquate technische Realisierung mithilfe entsprechender Software-Tools (z.B. Fragebogen-Generatoren, Logfileanalyse-Programme) ist die Basis der Online-Forschung, was freilich nicht von einer gründlichen Untersuchungsplanung entbindet. Wer etwa einfach einen WWW-Fragebogen zum freien Ausfüllen im Netz bereitstellt, konstruiert damit eine Selbstselektionsstichprobe, für die nicht bekannt ist, zu welcher Grundgesamtheit sie gehört. Wer dagegen den WWW-Fragebogen mit einem Paßwortschutz versieht, aus einer Grundgesamtheit von E-Mail-Adressen eine Zufallsstichprobe zieht und dieser das Passwort zukommen läßt, kann repräsentative Aussagen treffen. Es verwundert nicht, daß die Fragebogen-Methode, die in den Sozialwissenschaften eine so zentrale Rolle spielt, auch in der Online-Forschung dominiert. Allerdings ist das Methodenspektrum viel weiter und schließt neben den quantitativen natürlich auch die qualitativen Forschungsmethoden ein (z.B. qualitative Inhaltsanalysen von Online-Dokumenten, ethnografische Beobachtungen in virtuellen Gemeinschaften). In Folge der Veralltäglichung von Computernetzwerken haben wir uns in der empirischen Forschung nun also routinemäßig die Frage zu stellen, ob und warum wir online und/oder offline erheben wollen. Methodologische Vergleichsstudien sind gefragt, die hier rationale Entscheidungskriterien liefern.


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