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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Heuristiken

Autor
Autor:
Klaus-Dieter Zumbeck

verkürzte kognitive Operationen, mit deren Hilfe Schlußfolgerungen gezogen werden, ohne komplizierte und vergleichsweise langwierige Algorithmen einsetzen zu müssen. Der Vorteil der Heuristiken liegt darin, daß sie ressourcensparend zu Schlußfolgerungen führen, die in den meisten Lebenssituationen eine hinreichende Güte besitzen. Dabei besteht allerdings die Gefahr, daß gerade in komplexen Situationen voreilige und systematisch verzerrte Schlüsse gezogen werden, die besonders unerwünscht sind, wenn es um Entscheidungen von großer Tragweite geht (Urteilsfehler). Zu den bislang intensiver erforschten Heuristiken zählen die folgenden vier Typen:

Verfügbarkeitsheuristik: Ereignisse, die im Gedächtnis einer Person besonders leicht verfügbar sind, werden zur Schlußfolgerung bevorzugt herangezogen. So dürfte z.B. ein Rettungssanitäter, der häufig mit Verkehrsunfällen zu tun hat, die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls eher überschätzen, während ein normaler Verkehrsteilnehmer dieselbe eher unterschätzt.

Repräsentativitätsheuristik: Eine singuläre Information wird als repräsentativ für eine ganze Klasse von Informationen angesehen, so daß auf der Grundlage einer einzelnen Information Aussagen über viele Ereignisse getroffen werden können. Vielen Menschen, die in einer Lotterie mitspielen, erscheint z.B. die Zahlenfolge 10, 4, 8, 40, 35, 27 als repräsentativ für übliche Ergebnisse einer Ziehung. Die Zahlenfolge 1, 2, 3, 4, 5, 6, die objektiv mit gleicher Wahrscheinlichkeit auftreten kann, gilt demgegenüber als nicht zu erwartendes Ereignis. Entsprechend selten werden vergleichbare Zahlenkombinationen auch getippt.

Heuristik der Verankerung und Anpassung: Auf der Basis einer einzelnen Information wird zunächst ein Beurteilungsanker gesetzt. Alle nachfolgenden Informationen werden dann in Relation zu diesem Anker beurteilt. Gegebenenfalls erfolgt dabei eine Verzerrung der Urteilsbildung im Sinne einer Anpassung der später verarbeiteten Information in Richtung auf den Anker. Im Bereich der Personenbeurteilung entspricht dies z.B. dem ersten Eindruck, den wir von einem fremden Menschen entwickeln und der dann alle weiteren Prozesse der Urteilsbildung prägt (Personenwahrnehmung).

Simulationsheuristik: Stehen einer Person keine Informationen zur Verfügung, so erfolgt die Urteilsbildung auf der Grundlage ihrer Vorstellungskraft. Diese wiederum wird von früheren Erlebnissen des Individuums geprägt. So stellen sich z.B. die meisten Menschen einen Außerirdischen als menschenähnliches Lebewesen mit aufrechtem Gang, Kopf und Armen vor. Das Unbekannte wird dabei unter Rückgriff auf bereits Bekanntes simuliert.


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