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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Wahl

Autor
Autor:
Klaus-Dieter Zumbeck

die Entscheidung zwischen mehreren Möglichkeiten. Anders als bei einem spontanen Entschluß geht der Wahl eine Prüfung der Alternativen voraus. Oft scheint die Entscheidung so schwierig, daß sie erst zu spät oder gar nicht getroffen werden kann. Wenn wir eine Wahl treffen, handeln wir oft in einem Gefühl, daß wir uns frei entscheiden. Viele Philosophien und Religionen wie auch Gesetz und Moral gehen von der Annahme einer Willensfreiheit aus. Der Einzelne empfindet sie meist weniger vor wirklich wichtigen Entscheidungen, in denen geradezu das Schicksal selbst zu sprechen scheint, als in den alltäglichen kleinen Fragen. Aber auch jede noch so nebensächliche Wahl ist durch unzählige Vorbedingungen eingeengt. Das läßt sich schon zeigen, wenn man jemanden auffordert, sich irgendein Wort oder eine Zahl willkürlich einfallen zu lassen. Wenn er danach zu diesem Einfall seine freien Assoziationenvorbringt, wird sich eine Kette von Zusammenhängen ergeben, die tief in seine gegenwärtige Lebenssituation und sogar seine Lebensgeschichte hineinreicht. Alles, was wir tun oder denken, ist durch unsere Anlage, unsere Erfahrungen in der Umwelt, insgesamt also durch unseren Charakter einerseits, durch die äußeren Bedingungen, besonders durch unser Verhältnis zu den Mitmenschen und überhaupt die jeweilige Situation andererseits so determiniert, daß eine andere Entscheidung kaum hätte getroffen werden können. Ein Teil der Bedingungen, die unsere vermeintliche Wahl bestimmen, wird uns nicht einmal bewußt. Hierher gehören Vorbilder aus früher Kindheit vom Typ des Imago und frühe Gebote oder Verbote, die im Über-Ich verinnerlicht worden sind. Wie die verschiedensten Wahlmotive so ineinander greifen, daß die Entscheidung zwangsläufig wird, zeigt sich bei der Liebeswahl. Hinterher ist es in solchen und ähnlichen Fällen nahezu unmöglich, sich vorzustellen, was seitdem geworden wäre, wenn man anders gewählt hätte. Auch das seelische Leben ist in allen seinen Erscheinungsformen von Ursachen bestimmt, ohne die es keine Wirkungen gäbe, nur daß die Ursachen hier zu vielfältig sind, um ihre Verflechtung bewußt zu erkennen.

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