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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Rassen

Autor
Autor:
Sonja Margarethe Amstetter

nach einer Definition der Unesco »Gruppen der Menschheit, die gut ausgeprägte und erblich bedingte physische Unterschiede gegenüber anderen Gruppen zeigen«. Wie weit diese körperlichen Merkmale sich auf psychische Eigenschaften auswirken, mit denen sich eine Rasse typisch von anderen unterscheidet, läßt sich nicht ausmachen. Erkennbar sind nur jene Charakterzüge, die sich auf besondere Lebensbedingungen und kulturelle Traditionen einer Volksgruppe zurückführen lassen. So unterscheiden sich Völker gleicher Rasse, die in verschiedenen Umwelten leben, deutlicher voneinander, als Gruppen verschiedener rassischer Herkunft, die im gleichen Lande unter gleichen Verhältnissen wohnen. Obwohl die Neger in den Vereinigten Staaten bis heute nicht als gleichberechtigt behandelt werden, haben sie doch so viel von der weißen Kultur aufgenommen, daß sie sich mit ihren Rassengenossen in Afrika kaum noch vergleichen lassen. Die Veränderung von Eigenschaften, die man als typisch für eine Rasse ansah, unter dem Einfluß der äußeren Verhältnisse, zeigt sich sehr auffällig am Schicksal des jüdischen Volkes. In der Diaspora wurden die Juden unter den Beschränkungen ihrer Wirtsvölker vor allem Händler und Intellektuelle. Die Verfolgungen, die sie als Minderheiten erlitten, zwangen sie zu einem Verhalten, das feige wirkte. In dem neuen jüdischen Staat wurden sie zu Bauern und Kriegern. Der eigentlich »jüdische Geist« dagegen wurzelt wohl in der jüdischen Religion, die sich weiter als andere von der Magie entfernt hatte und hauptsächlich durch ihre Literatur überliefert wurde. So gibt es zwar eine Psychologie der Völker, die geradeso wie die Psychologie der Einzelmenschen die Entwicklungsgeschichte zu bedenken hat, aber keine sinnvoll begründete Psychologie der Rassen. Die wirklichen oder vermeintlichen Rassenunterschiede spielen dagegen überall dort eine große Rolle, wo sie eine Minderheit gegen die Mehrheit im gleichen Lebensraum abgrenzen. Sie machen es leicht, diese Minderheit als Feindgruppe hinzustellen, auf die aller Haß abgeladen und die als Sündenbock für alle Übel aufgefaßt wird. Hinter dem Rassenhaß lauert die Angst vor der Andersartigkeit, die Zweifel an den von der Mehrheit akzeptierten Lebensformen und Lebenswerten wecken könnte (Xenophobie). Auch scheinen die Fremden Eigenschaften zu haben, um die man sie beneidet. So wurden den Negern in USA und den Juden bei den europäischen Antisemiten vor allem sexuelle Ausschreitungen und eine überlegene sexuelle Potenz zugeschrieben. Man warf der jeweils fremden Rasse die Übertretung von Verboten vor, die man selbst gern be gangen hätte, aber nicht zu begehen wagte.

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