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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Wechseljahre

Autor
Autor:
Manuela Bartheim-Rixen

die Lebensperiode zwischen 40 und 50, die gewisse Umstellungen mit sich bringt. Bei der Frau hört um diese Zeit die Menstruation allmählich auf; damit scheidet sie aus dem Fortpflanzungsprozeß aus. Das »Klimakterium« be deutet indessen nicht ein Ende der sexuellen Bedürfnisse und Reaktionen. Die Umstellung bringt oft körperliche und seelische Beschwerden mit sich. Es kommt zu Störungen im Gefäßsystem, zu Schweißausbrüchen, Hitzewallungen, Herzklopfen und Schwindelanfällen. Die seelischen Schwierigkeiten sind in dem Gefühl begründet, mit der Fortpflanzungsfähigkeit auch den Wert als Weib einzubüßen. Zugleich hat das Alter die Schönheit gemindert und wohl auch die Aktivität und Anpassungsfähigkeit. So entsteht in den Übergangsjahren oft eine »Torschlußpanik«. Manche Frauen verfallen nun in eine hektische erotische Betriebsamkeit, um an Liebeserfolgen noch einzuheimsen, was zum letzten Male erreichbar zu sein scheint. Hin und her gerissen zwischen letzter Hoffnung und der Erwartung des Endes fallen viele Frauen in dieser Zeit ihrer Umgebung mit unbegreiflichen Launen zur Last. Das nimmt namentlich dann krasse Folgen an, wenn die Ehe ohnedies schon ihre Lebendigkeit verloren hat und andere Lebensaufgaben, etwa hinsichtlich der Kinder, nicht mehr gestellt sind. Umgekehrt zeigen Frauen, die voll beansprucht sind und sich entsprechend einsetzen, kaum etwas von der Krise im gemeinhin so »gefährlichen Alter«. Letzthin spricht man noch öfter als vom Klimakterium der Frau von der »midlife crisis« des Mannes. In seiner Lebensmitte gibt es zwar keine einschneidende Veränderung der kör perlichen Sexualfunktionen, aber die Potenz beginnt doch merklich nachzulassen, und auch die erotische Sensibilität ist vermindert. Auch Männer meinen oft, nun sei die letzte Gelegenheit zu Eroberungen und Abenteuern gekommen. Zugleich fragen sie sich zu diesem Zeitpunkt häufig, was sie im übrigen Leben, zum Beispiel im Beruf, eigentlich erreicht haben, und welche Möglichkeiten ihnen noch bleiben. Der Schwung, mit dem sie in der Adoleszenz angetreten sind, scheint nun endgültig verbraucht, und er hat ihnen nicht die Erfolge eingetragen, die sie erwartet hatten. Die Erfahrungen seither haben sie gezwungen, viele Ideale aufzugeben. Der Verlust der Illusionen bringt die Bitternis der Frustrationen. Eine gewisse Müdigkeit zwingt sie, die Aktivität einzuschränken, und diese Pause nötigt sie zu einer Nachdenklichkeit, zu der sie zuvor kaum gekommen sind. Sie müßten einsehen, daß sie nun anders arbeiten sollten – weniger hektisch und mit stärkerem Einsatz der Erfahrungen, die sie den Jüngeren voraus haben. Sie fragen sich aber, ob die Fähigkeiten, die sie nun einsetzen könnten, die Verluste an jugendlichem Elan wettmachen werden. Denn sie leben ja heute in einer Gesellschaft, die oben diesen Schwung besonders hoch schätzt. Ähnlich wie bei der Frau entscheiden auch beim Manne die Aufgaben, die er noch vor sich hat, und seine Anerkennung durch die nächste Umwelt darüber, wie krisenhaft er die Wechseljahre erlebt und wie gut er sie überwindet. Man hat diese kritische Umstellungsperiode oft mit den Erscheinungen der Pubertät verglichen. Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied: in der Lebensmitte hat sich eine Summe von Haltungen, Einstellungen und Erfahrungen angesammelt, die weiterhin bestimmend bleibt. Wie gut oder wie schlecht der Übergang ins höhere Alter gemeistert wird, hängt weitgehend von der Lebensführung der ersten vier Jahrzehnte ab.

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