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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Schlafstörungen

Autor
Autor:
Irene Roubicek-Solms

etwa ab 1970–1980 ein Schwerpunkt der Schlafforschung. Die ersten beiden Jahrzehnte nach der Entdeckung des REM-Schlafs waren noch durch eine psychophysiologisch orientierte Traumforschung (Traum) und eine grundlagenorientierte Schlafforschung charakterisiert. Inzwischen existieren in den USA weit mehr als 1000 schlafmedizinische Zentren, die meist an größeren Kliniken angesiedelt sind. In Deutschland gibt es zur Zeit mehr als 100 solcher Zentren, die Kliniken verschiedener Fachrichtungen (Psychiatrie, Neurologie, innere Medizin, HNO, Pädiatrie etc.) zugeordnet sind. Die meisten dieser Zentren verstehen sich als spezialisierte interdisziplinäre Einheiten zur Diagnostik und Therapie von Schlafstörungen.

In verschiedenen psychiatrischen Klassifikationssystemen (z.B. DSM-IV) oder auch weltweit gültigen Klassifikationssystemen zur Diagnostik von Krankheiten (ICD-10) wurde im letzten Jahrzehnt der Bereich Schlafstörungen zunehmend erweitert. Die ICSD (International Classification of Sleep Disorders), die von der Vereinigung amerikanischer Schlafstörungsspezialisten herausgegeben wurde, schlägt insgesamt 88 verschiedene Schlafstörungen vor. Eine grobe Klassifikation der verschiedenen Schlafstörungen läßt sich in die Bereiche Insomnie, Hypersomnie, Parasomnie und Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen vornehmen.

Unter Insomnie werden alle Schlafstörungen zusammengefaßt, die mit einem Zuwenig an Schlaf, z.B. verursacht durch Einschlaf- und Durchschlafstörungen oder frühmorgendlichem Erwachen, einhergehen. Unter Parasomnien werden Phänomene wie Alpträume, Pavor nocturnus, Somnambulismus und Enuresis nocturna subsummiert. Dabei handelt es sich um Auffälligkeiten, die im Kindesalter sehr häufig auftreten und als Reifungsstörung diskutiert werden. Bei Hypersomnien liegt eine erhöhte Tagesschläfrigkeit mit verstärkter Einschlafneigung während des Tages vor. Als wichtigste zur Hypersomnie führende Krankheit ist das Schlaf-Apnoe-Syndrom zu nennen. Dabei kommt es zu wiederholten obstruktiv bedingten Atempausen, die den Schlaf massiv stören, ohne daß dies von den Betroffenen bemerkt wird. Die drastische Fragmentierung des Schlafs bedingt ein Schlafdefizit und als Folge erhöhte Tagesmüdigkeit mit z. T. ungewollten Einschlafattacken. Eine weitere wichtige Hypersomnieform stellt die Narkolepsie (im Volksmund "Schlafsucht" genannt) dar, bei der es zu einer Enthemmung des REM-Schlafs und imperativen Einschlafattacken mit lebhaften Träumen während des Tages kommt. Beeinträchtigungen des Schlafs, die durch Zeitzonenflüge, Schichtarbeit oder Rhythmusverschiebungen verursacht werden, sind eigenständig als Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen klassifiziert.

Die moderne Schlafforschung hat in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von neuen Therapieansätzen zur Behandlung von Schlafstörungen entwickelt. An erster Stelle muß hier die C-PAP-Behandlung der Schlaf-Apnoe erwähnt werden, worunter eine kontinuierliche nasale Überdruckbeatmung verstanden wird. Im Bereich der Behandlung von Insomnien wurden verschiedenste Substanzen auf Benzodiazepin-Basis entwickelt, die neben ihrer raschen Wirksamkeit und Verläßlichkeit jedoch auch durch Risiken wie Toleranz- und Abhängigkeitsentwicklung charakterisiert sind. Verhaltensmedizinische und kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze wurden zudem als äußerst effektiv in der Behandlung verschiedener Insomnie- und Parasomnieformen sowie bei Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen etabliert.


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