A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

sozial-kognitive Lerntheorie

Autor
Autor:
Klaus-Dieter Zumbeck

theoretisches Modell, das Lernen als aktive, kognitiv gesteuerte Verarbeitung von Erfahrungen definiert. Im Gegensatz zu Konditionierungsmodellen, in denen der Mensch als eher passiv reagierendes Objekt angesehen wird (Konditionierung), erscheint er in diesem von Bandura entwickelten Ansatz als aktiv Handelnder, dessen Motivationen, Emotionen und Denken von zentraler Bedeutung sind: Lernvorgänge werden durch Kognitionen vermittelt. Die wiederholte Darbietung kontingenter Stimuli allein reicht zum Lernen nicht aus, sondern erst die Erkenntnis eines Sinnzusammenhangs. Indem momentanes Verhalten durch vorausschauendes Denken mit seinen kurz- und langfristigen Folgen in Zusammenhang gebracht wird, wird der Mensch zu aktivem, selbstgesteuerten, geplanten Handeln befähigt. Beobachtung und nachfolgende Beurteilung des Verhaltens anderer und der damit einhergehenden Konsequenzen fördert die zukünftige Ausführung eigener Planungen (soziale Komponente: Lernen durch Imitation). Verhalten wird daher nicht mehr nur durch von außen eintretende Konsequenzen, sondern auch durch die kognitive Bewertung des Ausführenden bestimmt (Selbstbewertung, self evaluation): als selbstverursacht erlebte Folgen eines Verhaltens führen zur Herausbildung einer Erwartung über die zukünftige Belohnung oder Bestrafung des Verhaltens. Die Antizipation einer Belohnung erhöht die zukünftige Auftretenswahrscheinlichkeit einer Handlung, während eine vorweggenommene Bestrafung sie verringert. Dadurch erwirbt sich der Mensch aktiv soziale Kompetenzen bzw. Verhaltensnormen. Er lernt, eigene Bedürfnisse im sozialen Kontakt abzustimmen und erwirbt gleichzeitig ein Verständnis für (Un-) Gerechtigkeit. Die sozial-kognitive Lerntheorie birgt neben dem Menschenbild eines eigenständigen Individuums in praxi die Möglichkeit verbesserter Verhaltensänderung im Rahmen einer Psychotherapie: Die Kontrolle durch den Therapeuten weicht einem sozialen Vertrag, der vor Beginn der Behandlung in gegenseitigem Einvernehmen zwischen den beiden Parteien geschlossen wird.

Literatur

Bandura, A. (1979). Sozial-kognitive Lerntheorie. Stuttgart: Klett.


Vorhergehender Fachbegriff im Lexikon:

Nächster Fachbegriff im Lexikon:

Psychology48.com

Das freie Lexikon der Psychologie. Fundierte Informationen zu allen Fachgebieten der Psychologie, für Wissenschaftler, Studenten, Praktiker & alle Interessierten. Professionell dargeboten und kostenlos zugängig.

Psychologielexikon
Psychologie studieren

Modernes Studium der Psychologie sollte allen zugängig gemacht werden.