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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Unfäller

Autor
Autor:
Julia Schneider-Ermer

nennt man Menschen, die immer wieder in Unfälle verwickelt sind oder sie verursachen. Aus den Unterlagen der Versicherungsgesellschaften geht deutlich hervor, daß ein sehr großer Teil aller Unfälle auf Leute zurückgeht, die eine ganze Reihe solcher Mißgeschicke erleiden. Daran zeigt sich, daß ihre Unfälle nicht einfach Pech sind, nicht auf Zufall oder einem übermächtigen Schicksalberuhen, sondern Ausdruck ihres Wesens, Symptome ihrer Konfliktesind. Im einzelnen ließe sich oft kaum erklären, wie diese Menschen ihre Unfälle arrangiert haben. Dennoch muß eben dies geschehen sein, und zwar ohne daß sie es bewußt wollten oder über ihren Anteil daran auch nur Rechenschaft geben könnten. Auf versteckte Weise ist ihnen ihr Unfall gut zupaß gekommen. Sie haben etwas zerstört oder verloren, was für sie auch mit negativen Gefühlen beladen war. Sie haben ein Opfer gebracht. Sie haben sich selbst Leiden zugefügt: ein unbewußtes Schuldgefühl hat ein Strafbedürfnis erzeugt, das im Unfall befriedigt wurde. Ihr Unheil hat ihnen aber auch Beachtung, Schonung und Mit leid eingebracht. Sie gewinnen Fürsorge und Liebe. Der Unfall hat in einem solchen Zusammenhang ähnliche Ursachen und Folgen wie eine psychosomatische Krankheit. Auch wenn sich Unfälle nicht zu einer Kette reihen, läßt sich an einem einzelnen Unglück oft erkennen, daß es psychisch einen guten Sinn gehabt hat. Unheimlich bedeutet oft dasselbe wie das scheinbare Gegenteil »heimlich«. Beiden Begriffen gemeinsam ist die Verschwiegenheit, ein Geheimnis, das ebenso locken wie schrecken kann. Das Gefühl des Unheimlichen stellt sich am ehesten ein bei Erfahrungen, die den Glauben an Magie zu bestätigen scheinen und damit unsere vernünftige Einsicht infrage stellen. In Märchen wird oft von solchen Dingen erzählt. Auch in der Literatur gibt es Meister des Unheimlichen wie E. Th. A. Hoffmann und Edgar Allan Poe. Da werden Tote lebendig, ihre Geister erscheinen leibhaftig, die Unterschiede zwischen Mensch und Tier oder Mensch und Puppe verwischen sich. Eine Prophetie, ein Fluch oder Segen, bewahrheitet sich. Beschwörungen erweisen sich als wirksam. Zufälle stellen sich als Zeichen des Schicksals heraus. Die Phantasien, die so fixiert worden sind, erinnern an die Unheimlichkeit gewisser Träume. Aber auch reale Erlebnisse wecken die Bereitschaft zum magischen Denken, das die seelische Kraft der Wünsche und Ängste soviel höher einschätzt, als wir sie der Vernunft nach veranschlagen können. Der Eindruck des Unheimlichen erinnert uns daran, daß wir dieses ursprüngliche, im gewissen Sinne infantile (kindliche) Denken »insgeheim« keineswegs überwunden haben. Unlust, ein störender Reiz wie etwa Hunger, Durst, Schmerz. Sie steht im Gegensatz zur Lust, die mit der Befriedigung von Bedürfnissen eintritt und im Frieden der Bedürfnislosigkeit mündet. Nach dem Lustprinzip soll nicht nur Lust erreicht, sondern auch – beinahe vordringlich – Unlust vermieden werden. Manche Begierde können wir nur stillen, wenn wir uns gegen die Gesetze der Gemeinschaft vergehen würden. Das brächte uns eine Isolation oder sogar Gegnerschaft ein, die kaum zu ertragen wäre. So wird manches, was eigentlich mit Lust verknüpft wäre, unlustvoll. Hierher gehören die erziehungsbedingten Unlustgefühle wie Scham und Ekel. Selbst die Angst ist oft nur die Angst vor der Strafe der Umwelt für eine Lustbefriedigung, die sie verboten hat. So läßt sich Lust oft kaum von Unlust trennen. Zudem aber könnten wir den Frieden der Bedürfnislosigkeit nicht lange ertragen. Wir verlangen nach neuen Reizen. In der Erwartung darauf, sie zu befriedigen, erleben wir eine spannungsgeladene Vorlust.

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