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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Erziehungsberatung

Autor
Autor:
Werner Eberlein

Wichtiger Bereich der angewandten Psychologie (Child Guidance Clinic); Anwendung von Einsichten der Erziehungspsychologie (Erziehung) auf die Lebenssituationen erziehungsschwieriger Kinder. Solchen Schwierigkeiten liegen zwei Gruppen von Ursachen zugrunde: 1. besondere Probleme, die in einer Behinderung des Kindes oder in einer anderweitig, unabhängig vom Einfluß der Eltern, gestörten Entwicklung wurzeln (wie bei Adoptivkindern, die längere Zeit im Heim waren) und 2. Verhaltensweisen der erwachsenen Bezugspersonen des Kindes, welche dessen Entwicklung beeinträchtigen. Zu 1. Blinde oder sehbehinderte Kinder, schwerhörige, körperlich geschädigte Kinder reagieren anders auf die Umwelt als normale Kinder und stoßen auf andere Reaktionen von Seiten der Umwelt. Die Angehörigen nehmen gewöhnlich entweder die eine oder die andere Extremhaltung ein: Sie verwöhnen die Kinder, schonen sie übermäßig und verhindern auf diese Weise eine Entwicklung der verbliebenen Fähigkeiten. Auf der anderen Seite werden Kinder, weil sie den Erwartungen der Eltern nicht entsprechen, zurückgewiesen und dadurch noch weiter seelisch verletzt, so daß sie sich ganz zurückziehen und verkümmern. Frühzeitige, langfristige Betreuung ist hier sehr nützlich, um solche Situationen möglichst zu vermeiden, die Eltern entweder in einer vernünftigen Umgangsweise mit dem Kind anzuleiten oder, wenn das nicht möglich ist, das Kind frühzeitig aus dem ungünstigen Milieu der Familie herauszunehmen.

Zu 2. Erziehungsberatung hat mit anderen Formen psychologischer Beratung gemeinsam, daß häufig keine rationale Ratsuche als Basis gegeben ist, sondern vom Psychologen die Erfüllung im Grunde unmöglicher und unvernünftiger Vorstellungen erwartet wird. Die Grundlage für eine rationale, an der Wirklichkeit und den tatsächlichen Möglichkeiten orientierte Überlegung muß also erst gewonnen werden. In der Regel ist der Ratsuchende fähig, selbst eine Lösung zu finden, wenn er diese Grundlage zusammen mit dem Berater gefunden hat. Die Eltern müssen also in dieser Form beraten werden, um neue Ansätze im Umgang mit dem Kind zu gewinnen. Zugleich wird häufig eine Kindertherapie durchgeführt, entweder von dem Erziehungsberater selbst, oder von einem in der Erziehungsberatungsstelle oder in privater Praxis arbeitenden Kindertherapeuten (Psych agogik).

Erziehungsberatung wird entweder von frei praktizierenden Diplom-Psychologen (Psychologe) oder aber in Erziehungsberatungsstellen durchgeführt, die von Wohlfahrtseinrichtungen (Caritas, Diakonisches Werk, Arbeiterwohlfahrt usw.) oder von Behörden (Landratsämter, Städte) getragen werden. Bei schulischen Problemen gibt es Vertrauenslehrer oder an manchen Schulen Schulpsychologen. Über die Adressen solcher Beratungsstellen wissen meist die zuständigen Jugendämter Bescheid.

Es Von S.Freud (auf Anregung von G. Groddeck) für den triebhaften, gegenüber dem Körper «offenen» und unbewußten Teil des «seelischen Apparats» gebrauchte Bezeichnung. Freud führte sie ein, als er im Fortschreiten seiner Entwicklung der Psychoanalyse sah, daß wichtige Anteile der Abwehrmechanismen unbewußt sind und es nicht möglich ist, das Unbewußte und den Bereich der Triebe und der verdrängten Phantasien gleichzusetzen. Dadurch wurden zwei verschiedene, einander ergänzende begriffliche Gliederungen notwendig: eine Vorstellung kann bewußt, vorbewußt (bewußtseinsfähig) oder unbewußt sein, und sie kann ein Abkömmling des Ich, des Über-Ich oder des Es sein. Das Es wird von den Lebens- und Todestrieben (Aggression) beherrscht, während das Ich die Zugänge zu den Körperbewegungen in der Hand hat. Das Es «kann nur wünschen», es wird vom Primärprozeß bestimmt, bei dem zum Beispiel gegensätzliche Wünsche (Ambivalenz) nebeneinander fortbestehen können. Freud beschreibt es mit dem alten (platonischen) Gleichnis von Reiter und Pferd: Wie der Reiter kann sich auch das Ich nicht vom Es trennen, will es nicht an Energie einbüßen; doch dann muß es sich auch manchmal dem Willen des starken Tiers unterwerfen -«... so pflegt auch das Ich den Willen des Es in Handlung umzusetzen, als ob es der eigene wäre».

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