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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Trauma

Autor
Autor:
Klaus-Dieter Zumbeck

»Wunde«, in der Psychologie ein schockartiges Erlebnis, das einen bleibenden seelischen Schaden zurückgelassen hat. In diesem Sinne können sich gewisse frühkindliche Erlebnisse auswirken, etwa die unmittelbare Beobachtung eines elterlichen Geschlechtsverkehrs (Urszene). Viele Menschen, deren Leben durch einschneidende Hemmungen behindert ist, führen ihre Scheu, ihre Neigung zum Mißerfolg oder ihre sexuelle Fixierung (Perversion) auf einen einzelnen Eindruck zurück, der sie fehlgeleitet habe. Diese Erinnerungen betreffen oft ziemlich banale Ereignisse, wie sie ähnlich unzähligen anderen widerfahren sind, die davon kaum beeinflußt wurden. Die vermeintlich traumatischen Erfahrungen liegen meist auch schon in der Pubertät oder noch später, also in einer Zeit, in der ein Mensch keine entscheidenden Wesensänderungen mehr durchmacht. Es handelt sich um Deckerinnerungen, hinter denen sich viel frühere ähnliche Ereignisse verbergen, die längst vergessen sind. Aus der Verdrängung verknüpfen sie sich mit den bewußt noch erinnerten Erfahrungen. Im Anfangsstadium der Psychoanalyse hat man einem einzelnen Trauma große Bedeutung zugesprochen. Später entdeckte man, daß eher ein Geflecht verschiedener, aber zusammenhängender Ereignisse oder eine Kette ähnlicher Erfahrungen die Entwicklung bestimmt. Dennoch gibt es Fälle, in denen ein einzelner, überwältigender Eindruck, der in krassem Gegensatz zu den Wünschen und Erwartungen steht, das seelische Leben schwer verstört.Verletzung, Verwundung; im übertragenen Sinn seelische Verletzung. Beispiel: Ein dreijähriges Mädchen, das bisher Hunden unbefangen begegnete, wird von einem gebissen. Seither schreit es laut, sobald es einen Hund sieht, läuft weg oder klammert sich an den begleitenden Erwachsenen. Versicherungen, daß dieser Hund harmlos sei und es gewiß nicht beiße, sind wirkunglsos. Im Gespräch entwik-kelt das Kind die Phantasie, selbst ein Hund zu sein, ein besonders großer, bissiger, der natürlich auch sie selbst beißen würde, wenn er ihr begegnete. (Abwehr des Traumas durch Identifizierung mit dem Angreifer.) Das seelische Trauma ist ein Lernvorgang, in dem bestimmte Verhaltensweisen in einer ungerechtfertigten Verallgemeinerung erworben werden. Die Vorstellung, daß alle Neurosen auf solchen Träumen beruhen (meist belastende Situationen in der Kindheit, zum Beispiel sexuelle Verführung durch Erwachsene, besonders harte Erziehung, längere Trennung von der Mutter), ist zumindest zu erweitern. Vielfach gibt es keinen nachweisbaren Einzelvorfall als Ursache. Das ist nur bei den traumatischen Neurosen (siehe oben) der Fall. Häufig findet sich eine ganze Kette solcher Belastungen, welche die Anpassungsfähigkeit des Kindes überfordern.

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