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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Gruppentherapie

Autor
Autor:
Manuela Bartheim-Rixen

eine Form der Behandlung seelischer Krankheiten, die nicht zuletzt deshalb große Bedeutung gewonnen hat, weil der Vielzahl psychisch Kranker zu wenige Spezialärzte gegenüberstehen. Einzelbehandlungen dauern lange und sind kostspielig. Die Verhaltenspsychologie (Behaviorismus) benutzt die Gruppentherapie zur Einübung eines angepaßten Verhaltens in Rollenspielen. Eine Art Gruppentherapie bestimmt die Beziehungen in manchen Sekten. Sie fordern von ihren Anhängern ein öffentliches Sünden-Bekenntnis vor der Gruppe, das alle anderen davon überzeugen soll, daß sie mit ihren Nöten nicht allein stehen, und auch davon, daß sich die Sünde überwinden läßt. Ähnlich geht die Vereinigung »Anonymer Alkoholiker« vor, die auf diese Weise vielen Trunksüchtigen über ihre Abhängigkeit hinweggeholfen hat. Der therapeutische Vorgang ähnelt hier dem einer Bekehrung (Konversion). Es gibt aber auch eine psychoanalytisch orientierte Gruppentherapie, in der unbewußte Inhalte aufgedeckt werden sollen. In diesen Gruppen orientieren sich die Patienten immer noch auf den Analytiker, aber ein Teil der Übertragung, die sich in der Einzelbehandlung ganz auf ihn konzentriert, wird nun auf die Gruppen-Genossen abgelenkt. Man könnte das neue Verhältnis vergleichen mit dem von Geschwistern zueinander und zum Vater, an dessen Stelle der Arzt getreten ist.Psychotherapie in einer Gruppensituation. Es gibt viele verschiedene Verfahren; die wichtigsten sind:

1. Lehrende und übende Heilverfahren in Gruppen. Hier werden die Gruppenmitglieder zusammen angeleitet, bestimmte Übungen zu vollziehen, etwa das autogene Training.

2. Therapie in der Gruppe. Hier wird vor der Gruppe in einer mehr oder weniger einem einzeltherapeutischen Verfahren ähnlichen Form mit dem Patienten gearbeitet, der sich «gemeldet hat». Die Gruppenmitglieder können sich spontan beteiligen oder gelegentlich auch die Rolle von Co-Thera-peuten (Helfern des Therapeuten) übernehmen. In der Gestalttherapie arbeitet der Therapeut auf diese Weise, ähnlich in der Transaktionsanalyse.

3. Die von selbst ablaufenden (spontanen) gruppendynamischen Vorgänge in einer Therapiegruppe werden vor allem in der analytischen Gruppenpsychotherapie eingesetzt. Hier versteht sich der Leiter als teilnehmender Beobachter an dem Gruppengeschehen, der versucht, therapeutisch für eine Erweiterung des Ich durch Einsicht nutzbar zu machen, was in der Gruppe geschieht. Er fordert die Teilnehmer zu Beginn meist nur auf, ihre Gefühle und Eindrücke möglichst offen auszusprechen, und wartet dann ab, was in der Gruppe geschieht. Er greift nur ein, wenn sich Gelegenheit zu einer Deutung ergibt oder besondere Verhaltensweisen von Gruppenmitgliedern (starke Erregung, Angst, heftige, zerstörerische Aggression, deutliches Ausweichen vor einem wichtigen Thema) sein Eingreifen erfordern, damit der Gruppenprozeß weiterlaufen kann.

4. Aktionsgruppen. Hier werden Konflikte und belastende Situationen aus Vergangenheit (Kindheit) und Gegenwart nicht durch Sprechen geklärt, sondern durch Ausspielen in der Art eines Seelentheaters (Psychodra-ma). Der Leiter wirkt wie ein Spielführer, er kann die Szenen beschreiben, die Rollen besetzen (besser, die Gruppenmitglieder bitten, sich zur Verfügung zu stellen), den Ablauf bestimmen (etwa: das «Kind» soll mit dem «Vater» die Rolle tauschen, um auf diese Weise dessen verborgene Gefühle zu erkennen und zu verstehen).

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