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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Teste

Autor
Autor:
Sonja Margarethe Amstetter

sind Verfahren, durch die bestimmte Fähigkeiten und Eigenschaften eines Menschen wie in einem Experiment festgestellt werden sollen. So wird die verbale oder die technische Intelligenz auf die Probe gestellt oder die Leistung der Sinnesorgane geprüft. Hier werden meist Maßstäbe angelegt, die es erlauben, die Testergebnisse miteinander zu vergleichen. Für die Psychologie sind besonders interessant die sogenannten Projektionsteste. In ihnen werden Bildelemente, Bilder, Wörter, Sätze vorgelegt, die von den Testpersonen gedeutet bzw. ergänzt werden sollen. Dabei legt der Proband in das Testmaterial etwas von seinem eigenen Wesen hinein. So »projiziert« er in die Vorlagen seine Wünsche, Ängste, Erfahrungen und Erwartungen wie auf einen Bildschirm. Nach häufiger Anwendung eines bestimmten Testes lassen sich auf breiter Vergleichsbasis die Reaktionen der Versuchspersonen einordnen und deuten. Im Wartegg-Zeichentest wird beispielsweise unter acht Tafeln mit Strichen und Punkten eine Vorlage geboten, die in der oberen rechten Ecke ein schwarzes Karo zeigt; es soll die Angstgefühle ansprechen und wird von den Probanden oft zu einer Zeichnung ergänzt, die eine Gefängniszelle darstellt. Zu den schemenhaften Bildern des TAT (Thematic Apperception Test) von Murray gehört eine vage Szene, die meist als grausamer Vorgang gedeutet wird; die Tafel dient also der Provokation aggressiver Tendenzen. Am erfolgreichsten war der Psychoanalytiker Hermann Rorschach mit seinen zehn ein oder mehrfarbigen sinnfreien Klecksbildern. Gewertet wird dabei unter anderem, ob die Deutung einem häufigen Muster folgt oder aus dem Rahmen fällt; ob ein Proband eher die Farben oder eher die Formen wahrnimmt; ob er Gefühle ausdrückt, persönliche Erinnerungen preisgibt oder allgemeineren Assoziationen folgt. Es gibt noch unzählige andere Testmethoden, die auf ähnliche Weise Regungen herausfordern sollen, die für gewöhnlich nicht mitgeteilt werden oder dem Probanden nicht einmal bewußt sind. Solche Teste dienen der Erkenntnis des Charakters, etwa wenn es darum geht, bei einem Bewerber um eine wichtige Stellung einzuschätzen, ob er sich in die Arbeitsgemeinschaft einfügen kann, ob er den besonderen seelischen Belastungen der jeweiligen Aufgabe gewachsen ist, und wieweit man sich überhaupt auf ihn verlassen kann. Ferner sind sie ein Mittel der seelenärztlichen Diagnose; d. h. sie sollen Hinweise auf eine psychische oder psychosomatische Krankheit geben und gegebenenfalls darauf, welche Art der Psychotherapie Hilfe verspricht. Im Bereich der Gerichts medizin sollen solche Teste Aufschluß darüber geben, ob und wieweit ein Gesetzesbrecher für seine Tat verantwortlich ist oder aber einem seelischen Zwang erlag, der als Krankheit gelten muß. Gelegentlich mag sich auch jemand freiwillig und ohne besonderen Anlaß solchen Testen unterziehen, einfach um sich selbst besser kennenzulernen. Kein einzelner Test reicht aus, um eine Testperson zu durchschauen. So benutzt man heute zur psychologischen Diagnose ganze Testbatterien. Die Ergebnisse der einzelnen Teste ergänzen oder korrigieren einander. Auch müßten sie mit dem Gesamteindruck koordiniert werden, den der Proband macht, und mit dem, was er im Gespräch (Interview) mitteilt, und auch mit Kenntnissen aus seiner Lebensgeschichte, ehe sich die einmalige Einzelpersönlichkeit angemessen erkennen läßt. Die Psycho-Teste, wie sie von Illustrierten usw. veröffentlicht werden, sind nicht durch breite Versuchserfahrungen gesichert. Wenn man sie an sich selbst erprobt, gelangt man zu Ergebnissen, die entweder so allgemein formuliert sind, daß sie beinahe auf jeden passen, oder die so vieldeutig sind, daß jeder in sie hineinlegt, was er ohnedies von sich zu wissen meint. In jedem Testergebnis wird dem Leser soviel Lob gespendet, daß er sich geschmeichelt fühlt, und es werden so viele Einschränkungen gemacht, daß das Lob nicht unglaubhaft wird.

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