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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Tanz

Autor
Autor:
Werner Eberlein

rhythmische Körperbewegung, meist im Takt einer Musik, die zugleich die Stimmung eines Tanzes bestimmt. Der Tanz kann die verschiedensten Gefühle und Ideen ausdrücken. Ursprünglich ist er eine unwillkürliche Äußerung, durchaus den Kampf und Balz-Tänzen mancher Tiere vergleichbar. Er teilt seelische Regungen in ähnlicher Weise mit wie Gesten, Mienen und Laute, die er ja oft einbezieht. Indem man sich dem Ausdruck drängender Gefühle hingibt, steigert man sie bis zur Raserei. So gerät der Tanz manchmal außer Kontrolle, wird gar zum Symptom einer seelischen Störung wie im Veitstanz. So wurde er in früheren Kulturen in die Zeremonien der Gemeinschaft eingebunden. Mit ihm beschwor man Götter und Dämonen, drückte die Trauer um Verstorbene aus, feierte die Fruchtbarkeit oder fügte ihn in die Einweihungs-Riten ein. Der Tanz einer Gruppe versetzt sie in ein gemeinsames Gefühl, läßt den Einzelnen seine Nöte vergessen und kann alle in eine Ekstase entrücken. Viele Tänze stellen eine Werbung der Geschlechter dar. Einige ahmen die Geschlechtsvereinigung selbst nach, wenn auch meist in einer so stilisierten Form, daß die Anspielung nicht mehr anstößig wirkt. Der Wandel der Sittengesetze bestimmt, wie offen die erotischen Wünsche im Tanz dargestellt werden dürfen. Das hängt freilich in jeder Kultur auch von der Gelegenheit, dem Ort und der sozialen Schicht ab, zu der ein Tanz jeweils gehört. Auf einem dörflichen Tanzboden geht es derber zu als auf einem Hofball, auf einem Karnevalsfest freier als beim Five-o-clock-Tea im Kursaal. Der Paar-Tanz kann zwischen Mann und Frau ebenso die erste Gelegenheit sein, sich näher kennenzulernen, sich zu betasten und sogar zu beriechen, wie er dann zu der Feststellung beiträgt, ob sich die Körper in einem gemeinsamen Rhythmus finden, der auch eine seelische Übereinstimmung anzeigen mag. Endlich kann er sogar eine Intimität herstellen, die nur noch der des Liebesaktes nachsteht. Neben den Tänzen, die einer alten Volkssitte folgen oder von der Mode geformt sind, hat sich der Tanz als Kunstform entwickelt, also als bewußt gesuchter und gepflegter Ausdruck seelisch–geistiger Regungen, die Zuschauern mitgeteilt werden sollen. Der Kunst-Tanz hat seine höchste Vollendung erreicht im Ballett, wie es als eigene Kunstform oder im Rahmen von Oper und Operette gepflegt wird. Seine Blüte erreichte es im höfischen Bereich. So wurde es zum Ausdruck einer bestimmten kulturellen und sozialen Ordnung. Seine fast starr festgelegten Formen wurden erst in unserem Jahrhundert durch Versuche zum pantomimisch-gestischen Tanz bei Mary Wigman und Harald Kreuzberg durchbrochen. So wurde er wiederum zu einem Zeit-Symptom. In der Revue, auf dem Variete und Kabarett wurde der Tanz zur Artistik. Auch in anderen Bereichen erweist sich seine Verwandtschaft zum Sport als einer zweckfreien und befreienden Betätigung des Körpers. In allen seinen Formen herrschen drei Themen vor: das Verhältnis zur Gemeinschaft, der Kampf und die Geschlechter-Beziehung. Technik ist die Ausnutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu einem praktischen Zweck. Sie dient dazu, die Möglichkeiten des Menschen über das Maß seiner sinnlichen und körperlichen Fähigkeiten hinaus zu erweitern. Einfache Werkzeuge verlängern, verstärken und verfeinern gewissermaßen die Hand. Optische Geräte vergrößern die Reichweite des Auges, akustische die des Ohres. Drucktechnik, Fotografie, Film, Schallplatte und Tonband sind eine Art künstliches Gedächtnis. Auf diese Weise ist der Mensch »sozusagen eine Art Prothesengott geworden, recht großartig, wenn er all seine Hilfsorgane anlegt, aber sie sind nicht mit ihm verwachsen und machen ihm gelegentlich noch viel zu schaffen« (Freud). Die moderne Technik hat Apparaturen geschaffen, deren Funktionsweise den meisten Menschen unverständlich bleibt, so daß sich auch eine gefühlsmäßige Beziehung zu ihnen nicht mehr herstellen läßt. Sie lassen sich von Einzelnen oder kleinen Gruppen weder schaffen noch bedienen, gehören vielmehr in unüberschaubare Organisationen. So trägt die Technik mit ihrer immer schnelleren Entwicklung entscheidend zur Entfremdung des Menschen in seiner mehr und mehr künstlichen Umwelt bei. Der Fortschritt der Technik wird nicht eigentlich von der Erfindungsgabe vorangetrieben. Im Barock gab es bereits fabelhafte Apparate, die man doch nur wie Spielzeug zu be nutzen wußte, etwa um märchenhafte Bühneneffekte zu erzielen. Man baute Automaten, die das Aussehen von Tieren oder Menschen hatten. Noch heute führen Gefühlsbedürfnisse dazu, daß man sich Roboter gern menschenähnlich vorstellt, obwohl längst Maschinen entwickelt wurden, die zwar z. B. beinahe wie Menschen denken können, aber doch nur aus Kästen und Drähten bestehen. Eine technische Erfindung setzt sich erst dann durch, wenn man sie sachlich einem Zweck zuordnen kann, den man als erstrebenswert anzusehen gelernt hat. Zugleich muß jede technische Neuerung in Zusammenhang mit parallelen Entwicklungen gesetzt werden, ohne die sie nicht voll nutzbar wäre. Die Lokomotive hätte wenig Chancen gehabt ohne die Schienen, und die Raketen hätten uns nicht in den Weltraum geführt ohne die Elektronik. Es ist, als beflügele der Zeitgeist selbst die Technik – wie sie den Zeitgeist prägt. Ihr Siegeszug setzt die verstandesmäßige Erkenntnis von Zusammenhängen voraus, die sich nicht unmittelbar sinnlich erfassen lassen. Sie fordert eine Abkehr von Gefühlen, Wunschvorstellungen und Ängsten, im Gegensatz zur »Technik« der Magie, die ganz dem Wunschdenken folgte. Auch diese Entfernung vom sinnlichen Eindruck und vom Gefühlsleben bedeutet einen seelischen Verlust. Sie trägt dazu bei, daß wir uns in einer Welt zu bewegen meinen, die wir nicht mehr begreifen und alsbald vielleicht auch nicht mehr be herrschen können. Das liegt zum Teil daran, daß die verstandesmäßige Einsicht in die Bedingungen und Bedürfnisse des Menschen, also die Psychologie, mit der Entwicklung der naturwissenschaftlich begründeten Technik nicht Schritt gehalten hat.

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